Hygienepapier

Debatte zwischen Umweltschützern und Industrie: Wie geht Nachhaltigkeit beim Hygienepapier?

Auf dem hochkarätig besetzten Fachkongress “Hygienepapier – Wege zu mehr Nachhaltigkeit” diskutierten die großen Umweltverbände mit Herstellern und Handel über Schritte in Richtung einer verantwortungsvollen Produktion von Papier für Babywindeln, Toilettenpapier oder Taschentücher. Größter Streitpunkt war, ob eine deutliche Einsparung beim Hygienepapier eine realistische Option für die Zukunft ist.

denkhausbremen hatte gemeinsam mit Kooperationspartnern am 17. und 18. Januar 2018 zum Fachaustausch bundesweit nach Bremen eingeladen. Die Umweltverbände brachten sich mit Expert*innen von u.a. WWF, Greenpeace, BUND, Robin Wood und Environmental Paper Network (EPN) ein. Für den Handel sprachen Vertreter*innen von ALDI Nord und Bio Company. Die Industrie wurde von Fachleuten der großen Hygienepapier-Hersteller WEPA und Fripa sowie vom schwedischen Forst- und Zellstoff-Konzern Södra repräsentiert.

Einig waren sich Umweltverbände und Handel bzw. Industrie in der Einschätzung, dass der Einsatz von Recyclingpapier ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit ist. Die Papierexpertin Angelika Krumm von der Umweltschutzorganisation Robin Wood forderte, dass die Recyclingquoten weiter gesteigert und die Altpapiere sortenreiner erfasst werden müssten.

Die Vertreter*innen von Industrie und Handel hielten dem entgegen, dass es für die Ausweitung von Recyclingpapier derzeit keine ausreichende Nachfrage bei den Verbraucher*innen gebe. Silvia Kerwin (Leiterin Nachhaltigkeit bei WEPA) sowie Andreas Noack (Geschäftsleitung bei Fripa) wiesen darauf hin, dass dem Recycling von Papier Grenzen gesetzt seien. Hygieneaspekte (z.B. Belastung mit Schadstoffen) und auch die begrenzte Verfügbarkeit von hochwertigen Recyclingfasern setzten der Wiederverwertung ein klares Limit.

Gemeinsam diskutierten die Kongress-Teilnehmer*innen, wie die ökologischen Standards bei der Produktion von Hygienepapier weiter verbessert werden können. Hier sei der Umstieg auf chlorfreie Zellstoffbleichung im sogenannten TCF-Verfahren (totally chlorine free) eine wichtige Option, sagte der international renommierte Experte Rune Leithe. Anstatt mit chlorhaltigen Chemikalien werde hier mit Sauerstoff gebleicht. So könne auch verhindert werden, dass hochgiftiges Dioxin in Hygieneprodukten wie Windeln oder Tampons nachgewiesen würde.

Ein weiteres Problem ist, dass die globalen Produktionskapazitäten für Zellstoff ständig ansteigen. “Allein in Brasilien und Südostasien schießen neue Zellstoffwerke wie Pilze aus dem Boden”, kritisierte Sergio Baffoni vom Environmental Paper Network (EPN), in dem über 150 Umweltorganisationen organisiert sind. Diese Expansion mache auch vor dem afrikanischen Kontinent nicht halt. In Mozambique entstehe gerade ein großes Zellstoffwerk, getrieben von internationalen Investoren, berichtete Baffoni.

Deutliche Unterschiede und Zielkonflikte zeigten sich bei der Einschätzung, welchen Beitrag die Verbrauchsreduktion für einen nachhaltigen Hygienepapier-Konsum leisten kann. Handel und Industrie verwiesen auf ihre ökonomischen Notwendigkeiten. Die Umweltschützer*innen setzen auch auf eine deutliche Einsparung von Hygienepapier, da die globalen Wälder den Papierhunger aus ihrer Sicht nicht dauerhaft stillen könnten.