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Klimaschutz und Menschenrecht auf Wohnen nur für Wohlhabende?

Auf der Fachtagung, die vom Bremer Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen, der Hochschule Bremen und denkhausbremen veranstaltet wurde, diskutierten Aktivistinnen, Expertinnen, die Wohnungswirtschaft, Umweltverbände und die Wissenschaft. Das zentrale Thema der mit fast 50 Teilnehmerinnen gut besuchten Veranstaltung: Klimafreundliches und bezahlbares Wohnen für alle.

Wohnen: Ein Menschenrecht – aber für wen?

Wohnen ist ein Menschenrecht. Oder sollte man besser sagen, eine gut verfügbare Ware für all jene, die genug Geld auf der Tasche haben? Dabei ist eine Wohnung Grundlage für soziale, gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe sowie elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge. Dennoch ist Wohnen für viele Haushalte der größte Kostenfaktor. Hier spalten ungebremste Marktkräfte die Bevölkerung in Oben und Unten. Die Wohlhabenden bleiben in den angesagten Stadtteilen weitgehend unter sich, während ärmere Menschen herausgedrängt werden. Klimafreundliches Wohnen für Mieterinnen, also in einem gut gedämmten Haus mit dichten Fenstern – ist noch mehr eine Sache des Geldbeutels und liegt vor allem in den Händen der Vermieterinnen.

Herausforderungen für bezahlbares, klimafreundliches Wohnen

Vor diesem Hintergrund diskutierten die Teilnehmerinnen, wie bezahlbares und klimafreundliches Wohnen in Zukunft aussehen sollte. Vielen war dabei die öffentliche Auseinandersetzung um das Gebäude-Energiegesetz – von der Boulevardpresse auch als „Heizhammer“ gebrandmarkt – noch gut in Erinnerung: Ein von der Bundesregierung handwerklich schlecht gemachter Versuch, die Wärmewende mit der Brechstange zu erzwingen. Hinzu kommt, dass der CO2-Preis für den Klimaschutz Haushalte mit geringem Einkommen unter Druck setzt, während eine dringend notwendige Kompensation auf sich warten lässt. Das versprochene “Energiegeld”, das die Einnahmen aus der CO₂-Abgabe an die Bevölkerung zurückgeben und Haushalte mit geringem Energieverbrauch entlasten sollte, ist in der Schublade verschwunden. Solche leeren Versprechen sind das Gegenteil von Glaubwürdigkeit und untergraben die Akzeptanz für den Klimaschutz. So in etwa war die Ausgangslage und dementsprechend lebhaft wurde diskutiert – zumal die Teilnehmerinnen aus sehr unterschiedlichen Ecken der Gesellschaft zusammengekommen waren.

Reformbedarf: Die Modernisierungsumlage

Die Modernisierungsumlage von aktuell 8% gehört auf den Prüfstand. Sie erlaubt es Vermieterinnen, 8 % der Sanierungskosten – etwa für Klimaschutzmaßnahmen – auf die Miete umzulegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mieterinnen die Mieterhöhung durch Energieeinsparungen wieder reinbekommen. Dies kann zu höheren Warmmieten führen – für Haushalte, die ohnehin schon finanziell unter Druck stehen, ein echtes Problem. Eine Forderung lautete daher, die Umlage auf 3 % zu senken, während andere Stimmen für eine vollständige Abschaffung plädieren.

Das Warmmieten – Modell aus Schweden

Zur Debatte stand daher auch das sogenannte Warmmieten-Modell, welches in Schweden offensichtlich schon seit dem Jahr 2000 erfolgreich praktiziert wird. Bei diesem Verfahren werden Warmmieten an die Hauseigentümer bezahlt, die dafür eine bestimmte Raumtemperatur garantieren. Verbrauchen die Mieter*innen mehr – zahlen sie drauf. Dieses Verfahren schafft Anreize für beide Seiten: Mieterinnen und Vermieterinnen haben ein Interesse daran, sich klimafreundlich zu verhalten.

Effizienzziele überdenken

Möglicherweise wäre es sinnvoll, die Effizienzziele für Bestandsimmobilien in Frage zu stellen. Damit einher geht, dass auch Klimabewegung und Umweltverbände ihre Forderungen nach immer strengeren Dämmstandards überdenken sollten. Beispielsweise erfordert es einen erheblichen Ressourcenaufwand, einen Altbau auf den “KFW-55-Standard zu bringen” – Geld und Baumaterial, das möglicherweise an anderer Stelle zu mehr zum Klimaschutz beitragen könnte.

Klimaschutz zum Selbermachen

Klimaschutz kann man selber machen. Ob es die Kellerdecke ist, die mit vergleichsweise geringem Aufwand selbst gedämmt werden kann oder neue Fenstergummis, die in Eigenregie gewechselt werden können. Vor allem wurde aber auf die Möglichkeit hingewiesen, mit einem sogenannten Balkon-Kraftwerk selbst Strom zu produzieren. Solidarische Modelle machen das in Bremen sogar für eine begrenzte Anzahl von Bürgerinnen ohne Zuzahlung möglich. So können auch Bürgergeldempfängerinnen aktiv in die Stromproduktion einsteigen.

Dialog ist entscheidend

Am Ende war klar: Es ist entscheidend, dass die verschiedenen Interessensgruppen beim Thema Wohnen und Klimaschutz miteinander im Gespräch sind. Ein Dach über dem Kopf zu haben ist eine existenzielle Angelegenheit. Alleine die Angst – die eigene Wohnung möglicherweise durch eine teure Energiesanierung nicht mehr bezahlen zukönnen – führt zu großen Verunsicherungen, die auch krank machen können. In benachteiligten Stadtteilen und Quartieren sollte daher mehr niedrigschwellige

Aufklärungs- und Informationsarbeit geleistet werden. Mit Beratung, Rechtshilfe und anderen Maßnahmen muss aktiv gehandelt werden, damit der Klimaschutz die soziale Spaltung nicht weiter verstärkt. Die gemeinsamen Positionspapiere von BUND und Paritätischer Wohlfahrtsverband zeigen, dass Dialog jenseits der eigenen Blase funktionieren kann. Dafür war auch die Fachtagung eine gute Gelegenheit.

Darüber hinaus war es bemerkenswert, mit welcher frischen und positiven Energie unsere Freunde vom  Bremer Bündnis für das Menschenrecht auf Wohnen in die Themen einsteigen. Alles ehrenamtlich. Muss man erlebt haben. Einfach krass!