Alle Artikel in: bioökonomie-debatte

Die Widersprüche der Bioökonomie

Ein Gastbeitrag von Ingrid Jacobsen, Josephine Koch und Stig Tanzmann Das Konzept der Bioökonomie steht vor fundamentalen Widersprüchen Die internationale Bioökonomie-Politik braucht eine Wende Die Auswirkungen der Erderwärmung auf das Weltklima werden immer offensichtlicher. Die Menschheit muss sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern befreien, denn deren Verbrennung ist die Hauptursache des Klimawandels, der wiederum massiv das Artensterben beschleunigt. Das gilt für die Energieversorgung genauso wie für den Ersatz von Plastik und anderen erdölbasierten Materialien. Unsere Ökonomie soll daher in großen Teilen auf „Bio“ umgestellt werden, das heißt, nachwachsende statt fossile Rohstoffe zu nutzen. Gleichzeitig soll durch die Bioökonomie die Hungerkrise entschärft und Ernährungssicherheit weltweit erreicht werden. Das hört sich gut an, und tatsächlich birgt die Bioökonomie im Kern große Potentiale. Die Herausforderungen, vor denen das Konzept Bioökonomie steht, haben allerdings noch zugenommen, seitdem es vor 10 Jahren prominent auf dem Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) verhandelt wurde. So ist das Ziel, bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu erreichen, in weite Ferne gerückt. Nach Erfolgen in der Hungerbekämpfung steigt die Anzahl der …

Building a Better Bioeconomy

Neuausrichtung der EU-Bioökonomiestrategie: Für eine ökologisch und sozial nachhaltige Zukunft Ende 2025 wird die Europäische Union ihre überarbeitete Bioökonomiestrategie vorstellen – ein Schritt mit weitreichenden Folgen für ländliche Räume, Unternehmen, den Klimaschutz und die Wälder Europas und weltweit. Während derzeit eine öffentliche Konsultation zu diesem Thema läuft, haben denkhausbremen und sein Projektpartner Fern im Rahmen eines von der Europäischen Umweltschutzinitiative (EURENI) geförderten Projekts am 12. Juni 2025 die hochkarätig besetzte Veranstaltung “Building a Better Bioeconomy” im Europäischen Parlament organisiert. Gastgeber:innen der Veranstaltung waren die Europaabgeordneten Maria Ohisalo (Grüne/EFA) und Michal Wiezik (Renew), unterstützt von BirdLife Europe, Oxfam und dem European Environmental Bureau. Das Treffen vereinte über 50 Teilnehmer:innen aus ländlichen Gemeinden, der Wirtschaft, Forstwirtschaft und Zivilgesellschaft verschiedener europäischer Länder mit Vertreter:innen der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments. Das Ziel: Die neue Strategie soll den Weg für eine ökologisch und sozial tragfähige Bioökonomie ebnen. In den Diskussionen wurde schnell deutlich: Die global verfügbare Biomasse ist begrenzt – und wird bereits heute übermäßig genutzt. Dies zeigen etwa die Überschreitungen planetarer Belastungsgrenzen, insbesondere im Bereich der Biodiversität, sowie …

CSOs call for a future-proof EU Bioeconomy Strategy

Bremen, Brüssel – 12. Juni 2025 Positionspapier als PDF hier herunterladen! 60 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern in einem heute veröffentlichten Positionspapier eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Bioökonomie-Strategie: Die Bioökonomie der Zukunft muss ökologisch tragfähig und sozial gerecht sein. Die Organisationen kritisieren, dass die derzeitige Bioökonomiepolitik ein überholtes Wirtschaftsmodell fortschreibt, das auf Übernutzung und Verschwendung (etwa durch die Energieerzeung aus Biomasse) basiert. Ein echter Wandel erfordert einen konsequenten Bruch mit dieser Logik. Großflächige Biomasseimporte aus dem globalen Süden sind dabei keine verantwortbare Option. Auch Rest- und Abfallstoffe können den Rohstoffbedarf künftiger Wirtschaftsmodelle bei weitem nicht decken. Eine zukunftsfähige Bioökonomie muss daher vor allem den Ressourcenverbrauch insgesamt drastisch reduzieren. Initiiert wurde das Statement von denkhausbremen, Oxfam, Fern, EPN, Ecodes und vielen weiteren Organisationen, die sich für eine verantwortungsvolle Bioökonomie in Europa engagieren. CSOs call for a future-proof EU Bioeconomy Strategy In light of the revision of the EU Bioeconomy Strategy, civil society organizations are calling for a future bioeconomy that is socially just, ecologically sustainable and economically efficient. There is no doubt that an economy primarily based on fossil …

UIG-Antrag von denkhausbremen: Bundesregierung gibt „NABIS-Studie“ frei

denkhausbremen hat am 18. Februar eine Anfrage auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes (UIG) an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gestellt und darum gebeten, Ergebnisse und Berichte von Forschungsvorhaben zur Nationalen Biomassestrategie zur Verfügung zu stellen. Die für die Nationale Biomassestrategie (NABIS) maßgebliche Studie „Hintergrundinformationen zum Status Quo der Land- und Forstwirtschaft in Deutschland und zukünftigen Biomassepotenzial für die Erarbeitung der NABIS“ wurde nun als Kurzbericht an denkhausbremen übergeben und steht als Download zur öffentlichen Verwendung bereit. Hier downloaden……. Des weiteren verweist die Bundesregierung auf den BIOSTRAT-Abschlussbericht des Deutschen Biomasseforschungszentrums.  https://www.dbfz.de/nabis Die beteiligten Forschungsinstitute waren damit beauftragt, zu untersuchen, wie die Bundesregierung vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und konkurrierender Nutzungsansprüche eine nachhaltige Erzeugung und effiziente Nutzung von Biomasse sicherstellen kann. Der Bericht fasst Daten und Szenarien zum Biomassepotenzial in Deutschland zusammen und zeigt, welche Herausforderungen und Nutzungskonflikte bestehen. Im Grundsatz identifiziert die Studie die Notwendigkeit, bei der energetischen Verwendung von Holz und bei der Futtermittelproduktion massiv einzuschränken, um eine zukünftige Versorgungslücke bei Biomasse zu vermeiden.  Zusammengefasst kommen die Forschungsinstitute zu folgenden Ergebnissen.  Status …

NGO Statement: Beyond Bioenergy

NGO Statement als PDF hier herunterladen! Über 80 europäische und internationale zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke haben die Erklärung „Beyond Bioenergy“ ins Leben gerufen, in der die EU aufgefordert wird, das Verbrennen von Bäumen und Pflanzen in ihrer politischen Regulierung der erneuerbarer Energien nicht länger zu belohnen. Stattdessen fordern sie die EU auf, sinnvollere Nutzungsmöglichkeiten von Biomasse zu forcieren: Mit einer Umsetzung des Kaskadenprinzips, nach dem das Verbrennen von Biomasse zur Energiegewinnung nur noch die allerletzte Stufe der Nutzung darstellt. Die unterzeichnenden Organisationen setzen auf konsistente, effiziente, suffizienzorientierte und faire Politiken, um den Ressourcenverbrauch zu verringern und das Wohlbefinden der Menschen zu steigern – innerhalb der planetaren Grenzen.

Europäische Konferenz: Auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Bioökonomie

Welche politischen Rahmenbedingungen sind notwendig, damit eine zukünftige Bioökonomie in Europa sowohl sozial gerecht als auch ökologisch nachhaltig gestaltet werden kann? Die von denkhausbremen organisierte Konferenz mit hochkarätigen Gästen versuchte, Antworten auf diese Frage zu geben. Rund 40 Teilnehmer*innen aus neun verschiedenen europäischen Ländern kamen zu einer dreitägigen Klausur in Lychen, nahe Berlin, zusammen. Vertreter*innen von Europäischer Kommission, Bundesregierung, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft diskutierten in Podiumsrunden im Anschluss an zahlreiche Impulsvorträge. Ein künstlerisches Rahmenprogramm rundete die erfolgreiche Veranstaltung ab. Ein zentraler Punkt, der während der gesamten Konferenz betont wurde, war die begrenzte Verfügbarkeit von biobasierten Ressourcen, da Ökosysteme bereits unter Druck stehen – vor allem auch durch den derzeitigen Biomasseverbrauch. Zudem wurde die potenzielle Gefahr angesprochen, dass der sogenannte Globale Süden hauptsächlich als Rohstofflieferant für eine europäische Bioökonomie dienen könnte. Letztlich waren sich die Teilnehmer*innen jedoch einig, dass die Bioökonomie Teil der Lösung sein kann – vorausgesetzt, die richtigen politischen Rahmenbedingungen sind gegeben. Die Diskussionen konnten an aktuelle politische Prozesse anknüpfen, da die EU derzeit ihre Bioökonomiestrategie überarbeitet und plant, bis Ende nächsten Jahres eine …

70 NGOs fordern eine ökologische und sozial gerechte EU-Bioökonomie-Strategie

70 NGOs fordern eine ökologische und sozial gerechte EU-Bioökonomie-Strategie Bremen, Brüssel – 12. März 2024 Positionspapier als PDF hier herunterladen! Aus Anlass der bevorstehenden Überarbeitung der EU-Bioökonomie-Strategie fordern 70 NGOs in einem heute veröffentlichten Positionspapier eine Bioökonomie, die sowohl ökologisch nachhaltig als auch sozial gerecht sein muss. Die unterzeichnenden Organisationen betonen, dass sich dafür der Fokus der Bioökonomiestrategie grundlegend ändern muss. Die aktuelle Verschwendungs-Wirtschaft muss gestoppt werden. Auch Biomasse-Importe aus dem globalen Süden im großen Maßstab sind dafür keine Option. Darüber hinaus werden auch Abfall- und Reststoffe bei weitem nicht ausreichen, um die Wirtschaft der Zukunft mit Rohmaterialien zu versorgen. Außerdem fordern die NGOs eine Partizipation von BürgerInnen und Zivilgesellschaft, die nicht nur auf dem Papier existiert und für die ausreichend Ressourcen bereitgestellt werden. Initiiert wurde das Statement vom Bioeconomy Action Forum, bei dem denkhausbremen, FERN und ELF sich für eine verantwortungsvolle Bioökonomie engagieren.   NGOs raise concerns: Bioeconomy leads to further ecosystem exploitation The term „bioeconomy“ is intended to sound green and natural, a refreshing alternative to the fossil economy. But a closer look …

Studie: The potential of forests to supply the European bioeconomy

Unsere Kollegen von Fern aus Brüssel haben eine Studie in Auftrag gegeben: Haben die Wälder in der Europäischen Union ausreichend Kapazitäten, um eine zukünftige EU-Bioökonomie nachhaltig mit Rohstoffen zu versorgen?  Das Ergebnis ist eindeutig: Eine Ausweitung der europäischen Bioökonomie wäre für die Wald-Ökosysteme fatal. Zumindest dann, wenn der Verbrauch bei den Anwendungen und Industrien, die schon heute Holz als Rohstoff nutzen, unverändert hoch bleibt. Deshalb müssen alle Maßnahmen, Verordnungen und Gesetze auf den Prüfstand, die Auswirkungen auf den europäischen Holzverbrauch haben. Dies betrifft auch Politikprozesse wie die aktuell diskutierte EU-Verpackungsverordnung. Diese sollte etwa sinnlose Holzverschwendung für Wegwerf-to-go-Verpackungen aus Papier konsequent verbieten. Darüber hinaus wird nach wie vor der größte Teil der europäischen Laubholzernte durch den Schornstein verheizt und steht deshalb nicht für eine Kreislaufwirtschaft und stoffliche Anwendungen zur Verfügung. Auch die Bioökonomiestrategie der Europäischen Union sollte den begrenzten ökologisch verantwortungsvollen Biomassemengen Rechnung tragen, die von europäischen Wäldern bereitgestellt werden können.  Gemeinsam mit Fern und der Organisation Estonian Fund for Nature (Eestimaa Looduse Fond, ELF) aus Estland engagiert sich denkhausbremen in dem europäischen Verbundprojekt „Strengthening the …

Aktionstag gegen Holzverbrennung

PRESSEMITTEILUNG von Environmental Paper Network und denkhausbremen  NGOs aus der ganzen Welt protestieren am Internationalen Aktionstag gegen die Verbrennung von Holz zur Energieerzeugung #BigBadBiomass Bundesregierung muss Holz als Energiequelle für Stromerzeugung und Gebäudewärme in Nationaler Biomassestrategie eine Absage erteilen.   Berlin / Brüssel / London / Helsinki / Tokio / Hobart / Kuala Lumpur / Jakarta / Johannesburg / Cayenne / Washington / Vancouver, 19. Oktober 2023 Am heutigen Tag protestieren Umweltorganisationen auf 6 Kontinenten gegen die Verbrennung von Holz zur Energieerzeugung. Diese sei eine falsche, klimaschädliche Lösung, so die NGOs. Der internationale Aktionstag findet einen Monat vor dem Klimagipfel COP28 in Dubai statt, auf der das globale Ziel für erneuerbare Energien diskutiert wird. Ein globales Ziel für erneuerbare Energien darf keine Waldbiomasse einschließen, eine Energiequelle mit hohen Emissionen und zerstörerischen Auswirkungen – so die Mitorganisatoren des Aktionstages. Im Vorfeld des Weltklimagipfels COP28 in Dubai weist ein Netzwerk von mehr als 200 Nichtregierungsorganisationen weltweit heute auf die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen der Energieerzeugung aus Biomasse in großem Maßstab hin. Insbesondere die Verbrennung von Waldbiomasse ist …

Wenn der Biokapitalismus die Motorsäge auspackt

Umweltorganisationen warnen beim Forest Movement Europe vor einer Expansion der sogenannten Bioökonomie Es war wie immer ein Treffen im Wald für den Wald. Das jährlich stattfindende Spitzentreffen der Umweltorganisationen und Waldaktivistinnen wurde diesmal von der polnischen Organisation „Workshop for All Beings“ im Białowieża-Nationalpark im Nordosten Polens ausgerichtet. Diesmal stand ein Thema prominent auf der Tagesordnung, das der europäischen Umweltbewegung zunehmend Kopfschmerzen bereitet: Die Bedrohung der Wälder durch die Bioökonomie. Denn der Wald soll neben seinen Funktionen für Klima, Artenvielfalt oder Wasserhaushalt eine zentrale Rohstoffquelle für die Wirtschaft von morgen werden. Dabei ist Holz schon heute Energieträger, Ausgangsstoff für die Papierindustrie oder Baumaterial und könnte in Zukunft Erdöl in Colaflaschen und Teer als Straßenbelag ersetzen sowie Ausgangsstoff für weitere Produkte der Chemieindustrie sein. Und das soll erst der Anfang sein. Der große Kahlschlag steht daher möglicherweise unmittelbar bevor – zumindest wenn die Expansionsträume von Forstindustrie und Bioökonomie-Strategen wahr werden. Grund genug für denkhausbremen und seine Projektpartner Fern und ELF, sich gemeinsam mit den versammelten Kolleginnen und Kollegen eine Übersicht zu verschaffen, damit der Biokapitalismus noch in …