Am 22. April 2024 fand im Kulturhaus Walle mit über 50 Teilnehmer*innen die Veranstaltung „Klimamigration: Wie die Klimakrise Menschen in die Flucht treibt“ statt, die denkhausbremen in Kooperation mit der Deutschen Klimastiftung und Fluchtraum Bremen veranstaltete.
Zu Beginn des Abends gab denkhausbremen-Projektleiterin Jana Otten eine Einführung zum Thema und erläuterte die Hintergründe des Projektes „Perspektivwechsel Klimagerechtigkeit“. Sie verdeutlichte, dass sich das Ausmaß der Ungerechtigkeit vor allem darin zeige, dass die Klimakrise Menschen im Globalen Süden mit besonderer Härte trifft – und damit ausgerechnet diejenigen, die kaum zur Erwärmung des Klimas beigetragen haben. Für Europa und die USA, die durch den enormen Ausstoß von Treibhausgasen in der Vergangenheit und heute hauptverantwortlich sind für die Klimakrise – und in Form von wirtschaftlicher Entwicklung und Wohlstand davon profitieren – ergibt sich daraus eine klare Verantwortung zum konsequenten Klimaschutz sowie zur Unterstützung der von den Folgen der Klimakrise am stärksten betroffenen Menschen.
Yara Behrens, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen KlimaStiftung, stellte die Fotoausstellung „Klimagesichter“ vor, die an diesem Abend im Kulturhaus Walle aufgebaut war. Die Ausstellung zeigt Porträt-Bilder von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung aus aller Welt mitsamt kurzen Statements zum Thema Klimagerechtigkeit. Yara Behrens machte außerdem deutlich, dass die klimawandelbedingte Migration eine direkt spürbare Folge der Klimakrise sei, auch wenn sich diese für viele Menschen hierzulande noch abstrakt anfühle.
Im Zuge des ersten Impulsvortrags gab Dr. Katherine Braun, Migrationswissenschaftlerin und Referentin für Flucht und Menschenrechte bei der Nordkirche, den Teilnehmer*innen anschließend einen näheren Überblick über die Zusammenhänge von Klimakrise und Migration. Nach Angaben des Weltklimarates der Vereinten Nationen (IPCC) leben derzeit weltweit 3,3 Milliarden Menschen in Regionen, die von der Klimakrise gefährdet sind. Katherine Braun wies darauf hin, dass die Entscheidung, ob Menschen aufgrund der direkten oder indirekten Folgen des Klimawandels wie Stürmen, Hochwasser, Dürre, dem Verlust fruchtbarer Ackerböden oder dem Anstieg des Meeresspiegels migrieren oder nicht, von vielen Faktoren abhänge (z.B. finanzielle Mittel, soziales Netzwerk, Gesundheit, politische Stabilität usw.). Es sei wichtig zu verstehen, dass Migration eine Form der Anpassung an den Klimawandel sei, die letztlich Leben retten kann. Für die Menschen, die angesichts der Klimakrise ihre Heimat verlassen, bestehe auf internationaler Ebene dennoch nach wie vor eine gravierende rechtliche Schutzlücke. Das liege u.a. daran, dass die Klimakrise keine nach Genfer Flüchtlingskonvention anerkannte Fluchtursache ist.
Seedy Saidykhan sprach auch aus einer persönlichen Perspektive über das Thema Klimamigration. Er wurde in Gambia geboren, kam mit 16 Jahren nach Deutschland und engagiert sich seither als Projektmitarbeiter bei Fluchtraum Bremen, um junge Geflüchtete bei ihrer Ankunft in Deutschland zu unterstützen. Er erläuterte, dass Auswirkungen des Klimawandels – wie etwa Wasserknappheit – in vielen Ländern Afrikas bereits deutlich spürbar sind, dies sei ihm auch bei seiner eigenen Flucht bewusst geworden. In seiner Arbeit mit Geflüchteten in Bremen habe er dann die Erfahrung gemacht, dass vielen von ihnen die Zusammenhänge zwischen Klimakrise und Migration nicht bewusst seien, auch wenn Klimawandelfolgen bei der Entscheidung zu migrieren, oft indirekt durchaus eine Rolle spielen. Es müsse daher mehr Aufklärungsarbeit gemacht werden. Zudem appellierte er an das Publikum, Geflüchteten, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Bremen kommen, mit Solidarität zu begegnen und sie zu unterstützen – sowie die Klimakrise gemeinsam zu bewältigen.
Bei der abschließenden Diskussion auf dem Podium und mit dem Publikum, moderiert von denkhausbremen-Geschäftsführer Peter Gerhardt, wurde deutlich, dass die Themen Klimagerechtigkeit und Klimamigration viel mit Privilegien zu tun haben, denn im Gegensatz zu Menschen im Globalen Süden müssen wir uns in unserem Alltag bislang nicht zwingend mit der Klimakrise auseinandersetzen. Es sei wichtig, sich dieser Privilegien bewusst zu werden und sie zu nutzen. Der Zivilgesellschaft komme eine wichtige Rolle zu, um politische Entscheidungsträger*innen in Sachen Klimaschutz, aber auch für die Schaffung sicherer Migrationswege oder die Verbesserung der Wohnbedingungen von Geflüchteten hier vor Ort zum Handeln aufzufordern. Konsequenter Klimaschutz sei letztlich so viel mehr als die Senkung von CO2-Emissionen – nämlich auch ein wichtiger Beitrag zu Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden.
Einen herzlichen Dank an alle, die da waren!
Fotos: Friedemann Wagner