Am 25. Oktober 2022 fand der Workshop des Aktionsforums Bioökonomie statt, in dem zentrale Fragen zur Zukunft der Bioökonomie in Deutschland im Kontext des Ukrainekriegs und der globalen Entwicklungen diskutiert wurden. Die Veranstaltung brachte Experten aus Regierung, Umweltverbänden und Forschung zusammen, um die Auswirkungen des Krieges auf die Bioökonomie-Politik und die nachhaltige Nutzung von Biomasse zu erörtern.
Begrüßung und Einführung
Den Auftakt bildeten Daniela Wannemacher (Leiterin Team Landnutzung, BUND) und Jonas Daldrup (Projektkoordinator, denkhausbremen), die die Gäste begrüßten und das Thema einführten.
Podium: Quo vadis Bioökonomie?
Der Ukrainekrieg hat nicht nur eine humanitäre Krise verursacht, sondern auch die Fragilität des globalen Ernährungssystems offengelegt. Die Referatsleiter*innen Katharina Schwarz (BMUV) und Dr. Hans-Jürgen Froese (BMEL) berichteten über den Stand der Bioökonomie-Politik der Bundesregierung. Der Bioökonomie-Umsetzungsplan ist noch in Bearbeitung, während parallel die Nationale Biomassestrategie entwickelt wird. Ab Dezember soll es Beteiligungsmöglichkeiten für relevante Akteure wie Umwelt- und Entwicklungsverbände geben.
Die Verbände, darunter Roman Herre (FIAN Deutschland), wiesen darauf hin, dass der Ukrainekrieg die Gefahr birgt, Umweltstandards in der Landwirtschaft zu verwässern. Zudem wird die globale Hungerkrise verschärft. Die Teilnehmer*innen forderten eine stärkere Fokussierung auf „Food First“ in der Bioökonomie-Politik, auch wenn dieses Prinzip oft schwer umsetzbar sei. Ein Konsens bestand darin, dass der Tierbesatz und der Konsum tierischer Produkte drastisch reduziert werden müssen.
Debatte: Holzverbrennung für die Stromerzeugung
Im zweiten Teil der Diskussion stand die Frage im Mittelpunkt, ob Holz eine nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen in der Stromerzeugung sein kann. Justin Tait (Enviva Biomass Inc.) sprach sich für die Nutzung von Holzbiomasse aus, betonte die jahrhundertelange Nutzung der Wälder in den USA und die Rolle von Zertifizierungssystemen. Dem gegenüber äußerten Umweltverbände, vertreten durch David Fritsch (DUH), Bedenken. Sie kritisierten die ineffiziente Verbrennung von Frischholz und wiesen auf die negativen Umweltauswirkungen durch den steigenden Druck auf die Wälder hin.
Woher soll das Holz für die Bioökonomie kommen?
Die Frage nach der nachhaltigen Bereitstellung von Holz für die Bioökonomie stellte sich auch im Hinblick auf die ökologische Verantwortung. Dr. Susanne Winter (WWF Deutschland) präsentierte die Ergebnisse einer aktuellen WWF-Studie, die aufzeigt, dass nur 50-80 % des Holzzuwachses in globalen Wirtschaftswäldern nachhaltig genutzt werden können. Gleichzeitig verbraucht Deutschland rund 2,5-mal mehr Holz als der globale Durchschnitt. Susanne Winter betonte die Notwendigkeit politischer Maßnahmen zur Priorisierung der stofflichen Holznutzung und zur Bekämpfung illegaler Abholzung.
Dr. Christoph Thies (Greenpeace) ergänzte, dass menschengemachte Waldbrände das Potenzial nachhaltiger Holznutzung drastisch vermindern. Er forderte eine Erhöhung der Rohstoffeffizienz um das Dreifache und starke Nachhaltigkeitskriterien für die Biomassestrategie der Bundesregierung.
Zusammenfassung und Ausblick
Peter Gerhardt (denkhausbremen) fasste die wesentlichen Ergebnisse zusammen und wies auf ein neues europäisches Verbundprojekt zum Thema Bioökonomie hin, das von denkhausbremen koordiniert wird und den deutschen Umwelt- und Entwicklungsverbänden zur Beteiligung offensteht. Der Workshop bot einen umfassenden Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Potenziale der Bioökonomie. Klar wurde, dass nachhaltige Biomassenutzung eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Wirtschaft spielen könnte – aber nur unter Berücksichtigung strenger Umweltstandards und der Priorisierung des globalen Gemeinwohls.