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Strategien mit Paech und Loske

Die etablierte politische Linke hat noch keine Antwort auf die drängenden Fragen der Zeit gefunden, die es an Symbolkraft mit der Trumpschen Mauer nach Mexiko aufnehmen kann. Möglicherweise sind die üblichen Rezepte aus der Mottenkiste, wie der gute alte Sozialstaat der 70er Jahre, auch nicht mehr die richtigen für die Zukunft.

Vielleicht kann die Degrowth- oder Postwachstums-Bewegung dieses Vakuum mit frischen Ideen füllen. Dort werden Forderungen nach Grundeinkommen, Gemeineigentum oder radikaler Arbeitszeitverkürzung mit viel Energie diskutiert. Wie diese dann in die Praxis gebracht werden können, bleibt die Millionen-Dollar-Frage.

Beim Dialog Degrowth sind verschiedene Strategien für den Weg in eine mögliche Postwachstumsgesellschaft auf den Tisch gekommen. Renommierte Vordenker der Postwachstums-Bewegung, wie Paech und Loske, haben ihre Ideen zur Diskussion gestellt.

Paech setzt auf Bewegung von unten

Niko Paech plädiert für gesellschaftliche Labore. Er ist Professor für “Alternatives Wirtschaften und Nachhaltigkeit” an der Universität Siegen, aber auch Bewegungsarbeiter. “Wir können nicht länger warten und müssen einfach anfangen. Sonst werden wir den notwendigen Wandel nicht in die Wege leiten können.” Auf etablierte Strukturen wie Politik oder Umweltverbände dürfe man sich dabei nicht verlassen.

„Wir können nicht länger warten und müssen
einfach anfangen.“

 

Niko Paech beim Dialog Degrowth in Bremen.

Eine Alternative muss jenseits der offiziellen Kanäle zum Blühen gebracht werden. Und deshalb sind Repaircafés, Kleidertauschpartys, gemeinsames Gärtnern nicht etwa verzweifelte Öko-Selbstversuche von Wohlstandsbürgern, sondern wichtige Keimzellen für ein besseres Morgen. Paech hat schon selbst bei der Gründung zahlreicher Basis-Initiativen Hand angelegt und lebt den Wandel auch im eigenen Alltag mit großer Glaubwürdigkeit. Verbunden damit ist die Überzeugung, dass der Geist der vielen kleinen Projekte eines Tages seine Wirkung im Rest der Gesellschaft entfalten wird. Er spricht hier von Diffusion.

 

Loske: Politik muss aus der Nische helfen

Reinhard Loske ist Professor für Politik, Nachhaltigkeit und Transformationsdynamik an der Universität Witten-Herdecke und langjähriger Politikprofi der Grünen. Die Postwachstums-Bewegung liegt nach seiner Ansicht in vielen Punkten richtig. Für eine bessere Zukunft aber, so Loske, dürfen wir unsere Strategie nicht allein darauf verengen. Um das zu veranschaulichen, skizziert er mit drei Kreisen die aus seiner Sicht relevanten ökonomischen Zukunftsdebatten – Grünes Wachstum, Säkulare Stagnation und Postwachstum. Er deutet auf die Mitte, wo die Kreise eine Schnittmenge bilden. “Nach meiner Überzeugung müssen wir genau dahin. Wir brauchen das Beste aus all diesen Welten.”

Reinhard Loske beim letzten Workshop in Berlin.

Loske glaubt auch an die Kraft der Basisprojekte, plädiert aber dafür, ressourcenleichten Lebensstilen mit der richtigen Politik aus der Nische zu helfen. Radfahren fällt eben deutlich leichter, wenn man in fahrradfreundlichen Städten lebt. Er plädiert außerdem dafür, die ideologischen Grabenkämpfe zwischen “Green Growth” und “Degrowth” zu überwinden. Eine Postwachstumsgesellschaft benötigt auch effiziente Technologien, so Loske.

„Radfahren fällt deutlich leichter, wenn man
in fahrradfreundlichen Städten lebt.“

 

Im Gegensatz zu “anti-ökonomischen” Tendenzen in der Degrowth-Bewegung fordert Loske den politischen Rahmen für eine neue Ökonomie, die Teilen, Kreislaufwirtschaft sowie Regionalität fördert und die strikten Grenzen von Konsument und Produzent überwindet.

Unabhängig davon, welche Strategie in eine Postwachstumsgesellschaft nun die richtige ist, der Weg dahin ist lang und steinig. Noch steht Wachstum in jedem dritten Satz der Wahlprogramme aller etablierten politischen Kräfte für die kommende Bundestagswahl…