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Stadtbäume: Klimaretter mit kurzer Lebenserwartung

Wenn ein Baum es sich aussuchen könnte, würde er sich wahrscheinlich nicht ausgerechnet den Straßenrand einer vielbefahrenen Straße in der Stadt als Heimat aussuchen. Aber Stadtbäume werden bekanntlich nicht gefragt und deshalb sollte sich die Stadtgesellschaft besonders gut um ihre grünen Freunde kümmern.

So oder so ähnlich ließe sich die nicht ganz wissenschaftliche Quintessenz der Diskussionsveranstaltung „Stadtbäume in der Klimakrise“ im Haus der Wissenschaft zusammenfassen. Organisiert wurde sie von denkhausbremen in Kooperation mit dem BUND Bremen. Weit über 100 Besucherinnen und Besucher kamen am Dienstagabend, 2. September, zusammen, um sich unter der Moderation von Peter Gerhardt (denkhausbremen) mit zwei Fachvorträgen und einer anschließenden Debatte auseinanderzusetzen. Die große Resonanz zeigt, wie sehr Bäume die Herzen der Menschen bewegen – und das zurecht.

Zum Auftakt führten Jonas Daldrup (denkhausbremen) und Katharina Fuchs (BUND Bremen) ins Thema ein, bevor Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf eine politische Einordnung vornahm. Anschließend hielten die renommierte Stadtbaum-Expertin Susanne Böll, die unter anderem das Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021“ verantwortet hat, sowie Iris Bryson, Projektleiterin des Handlungskonzepts Stadtbäume für die Stadt Bremen, ihre Fachvorträge. In der anschließenden Diskussion standen alle drei den Fragen des kenntnisreichen Publikums Rede und Antwort.

Bremen will seinen Ruf als „grüne Stadt“ auch im Klimawandel bewahren. Das betonte Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf mit Verweis auf das Handlungskonzept Stadtbäume als zentrales Steuerungsinstrument. Zwar seien die finanziellen Mittel begrenzt, doch habe die Stadt erfolgreich Fördergelder aus dem Bundesprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ eingeworben. Damit konnten zunächst 500 und in nächster Zeit weitere 700 zusätzliche Stadtbäume gepflanzt werden.

Wie entscheidend Bäume für das Stadtklima sind, machte die Biologin Susanne Böll deutlich: Ein ausgewachsener Baum kühlt wie zehn Klimaanlagen. Sie stellte das Forschungsprojekt „Stadtgrün 2021+“ vor, in dem in drei bayerischen Städten 460 Bäume aus 30 potenziell klimatoleranten Arten gepflanzt wurden. Nach 15 Jahren zeigte sich, dass einige Arten aus Südosteuropa und Nordamerika deutlich weniger Hitzeschäden erlitten als heimische Baumarten – unter anderem durch kühlere Blatttemperaturen. Zudem belegten Erhebungen, dass die Insektenvielfalt auf bestimmten nicht-heimischen Arten ebenso hoch ist wie auf einheimischen.

Bölls Schlussfolgerung: Das Artenspektrum müsse bewusst erweitert werden, um Stadtgrün gegen Hitze, Trockenheit und Schädlinge widerstandsfähiger zu machen. Ebenso wichtig seien bepflanzte Grünstreifen unter den Bäumen, die Artenvielfalt fördern und Kühlung verstärken.

Einen Blick auf Bremen richtete anschließend Iris Bryson, Projektleiterin des Handlungskonzepts Stadtbäume. Stadtbäume würden im Schnitt nur rund 40 Jahre alt – umso schutzbedürftiger seien sie, da große, alte Bäume den größten ökologischen Nutzen haben. Zu den Maßnahmen gehören rechtliche Sicherungen in Bebauungsplänen, strengere Baustellenkontrollen zum Schutz der Wurzeln, größere Baumscheiben zur besseren Wasserversorgung und Luftzirkulation sowie eine Bepflanzung der Baumscheiben mit Stauden und Kräutern.

Gleichzeitig müssten kontinuierlich junge Bäume nachgepflanzt werden, um die Bestände zu stabilisieren. Bryson betonte, dass auch Bürgerinnen und Bürger aktiv werden: durch Baumpflanzungen auf Privatgrundstücken, gezieltes Gießen in Trockenzeiten – empfohlen sind einmalig 150 Liter pro Woche – und durch die Pflege von Baumscheiben.

In der lebhaften Diskussion zeigte sich die Expertise des Publikums. Fragen reichten von der Möglichkeit einen „eigenen“ Straßenbaum zu bekommen über die Sammlung von Regenwasser zur Bewässerung bis hin zu Baumfällungen in einzelnen Stadtvierteln, etwa entlang der Stadtstrecke. Mehrfach wurde zudem nach langfristig gesicherten Mitteln im Landeshaushalt gefragt, um Pflanzungen und Pflege zu gewährleisten.

Die Veranstaltung machte deutlich, wie verletzlich Stadtbäume sind – und wie groß das Engagement, sie zu erhalten. Damit Bremen auch künftig eine grüne Stadt bleibt, braucht es nicht nur gute Konzepte, sondern auch viele helfende Hände.

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