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Gentechnologie in der Bioökonomie

 

von Christof Potthof, GeN

Die Liste der falschen Versprechungen über gentechnische Fortschritte ist lang. Die Bioökonomie eröffnet neue Möglichkeiten für die Gentechnik. Die Bioökonomie soll keineswegs als grüner Deckmantel für neue Agro-Gentechnik-Anwendungen dienen.

Foto: © Eva-Maria Lopez

Durch die Abkehr von Erdöl und anderen fossilen Rohstoffen hin zur verstärkten Nutzung biologischer Ressourcen als Rohstoffbasis eröffnet die Bioökonomie der Gentechnik neue Möglichkeiten in mindestens zwei Bereichen.

Bereits 2012 definierte die Bundesregierung die Bioraffinerie-Roadmap mit dem Ziel verbesserter Nutzpflanzen: „Die Züchtung optimierter nachwachsender Rohstoffpflanzen zur Steigerung der Biomasseerträge und die Verbesserung der Inhaltsstoffe erfordert alle Methoden der modernen Pflanzenzüchtung und Pflanzenproduktion, einschließlich der Pflanzenbiotechnologie. […] Sowohl die erreichbare Mengensteigerung als auch die kontrollierte Erzeugung der benötigten Rohstoffe in ihrer spezifischen Zusammensetzung sind von Bedeutung.“ (1). Auch wenn die CRISPR-Technologie damals noch nicht im Mittelpunkt der Debatte stand – dieses gentechnische Werkzeug war gerade erst erfunden worden -, kann man davon ausgehen, dass die neuen gentechnischen Methoden genau dieser Beschreibung entsprechen.

Eine weitere Anwendung der Gentechnik in der Bioökonomie sind die so genannten „Produktionsorganismen“. Vor allem Bakterien und Hefen werden mit gentechnischen Methoden verändert. Die Mikroorganismen werden in Bioreaktoren gehalten und mit biologischen Rohstoffen „gefüttert“, die ihrerseits gentechnisch verändert werden können (GM). Unter Vertretern der chemischen Industrie beispielsweise herrscht Gleichgültigkeit darüber, wo genau die genetische Anpassung von Lebewesen an die Produktionsbedingungen stattfindet. Entscheidend ist, dass die Produktionsprozesse nicht unterbrochen werden.

Eine vom Bundesamt für Umwelt in Auftrag gegebene Übersicht zeigt eine Reihe von aktuellen Gentechnik-Projekten. Einige davon gehören zur Bioökonomie (2). Beispiele sind eine Rapssorte mit veränderter Fettsäurezusammensetzung und ein mit der CRISPR-Technik behandelter Mais mit höherem Ertrag. Darüber hinaus ist eine Reihe von gentechnischen Veränderungen auf verschiedene Anbauphasen von Kulturpflanzen zugeschnitten, z. B. krankheitsresistente Reissorten oder Weizen mit Herbizidresistenz.

Diese Beispiele zeigen, dass mit den neuen gentechnischen Methoden genau die Eigenschaften in die Pflanzen eingebaut werden sollen, die schon in den vergangenen Jahrzehnten die Diskussion beherrscht haben. Während herbizidresistente Pflanzen den Markt für gentechnisch veränderte Pflanzen seit Jahren beherrschen, konnten die alten gentechnischen Methoden die Hoffnungen auf ertragreichere Pflanzensorten nicht erfüllen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den das Gen-Ethik-Netzwerk 2018 veröffentlicht hat (3). Leere Versprechungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Agro-Gentechnik.
Die Beobachtung durch die Zivilgesellschaft, um nicht zu sagen die Beteiligung, findet derzeit fast ausschließlich im Bereich der gentechnisch veränderten Pflanzen und Tiere statt. Die Aktivitäten der Industrie mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen sind dagegen bisher weitgehend unbemerkt geblieben.

Referenzen:
(1) Deutsche Bundesregierung (2012): Roadmap Bioraffinerien.
(2) Gelinsky, Eva (2018): Übersichtstabellen: „Mit neuen gentechnischen Verfahren gestaltete Pflanzen“ und „Lizenzvereinbarungen im Bereich der neuen gentechnischen Verfahren“.
(3) GeN (2018): Keine Revolution auf dem Feld.

Lesen Sie weiter:
GeN – Glaube an den Fortschritt als treibende Kraft

Christof Potthof ist Biologe und war Experte für Gentechnik beim Genethischen Netzwerk (GeN).

Die zwölf Diskussionsbeiträge der Umwelt- und Entwicklungsverbände für eine nachhaltige Bioökonomie gibt es hier als PDF zum Download.