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Grünes Plastik für Cola und Lego aus Brasilien – I’m greenâ„¢

 

von Thomas Fatheuer, FDCL

Das brasilianische Chemieunternehmen Braskem ist Weltmarktführer bei Biokunststoffen. Zu seinen Kunden gehören Coca Cola und Lego. Die Basis für die Biokunststoffproduktion ist Zuckerrohr. Das in einen Korruptionsskandal verwickelte Unternehmen macht jedoch zweifelhafte Angaben über die Herkunft des Zuckerrohrs.

Foto: © Eva-Maria Lopez

„I’m green“ ist kein trendiger Ausruf grüner Politiker, sondern das eingetragene Markenzeichen des brasilianischen Chemiegiganten Braskem – daher muss es rechtlich gesehen buchstabiert werden: I’m greenâ„¢. Braskem ist einer der größten Hersteller von Polyethylen, d.h. von Kunststoffen. Der deutsche Standort in Schkopau ist noch aus DDR-Zeiten durch den Slogan „Plaste und Elaste aus Schkopau“ bekannt. Die meisten Produktionsstätten befinden sich jedoch in Brasilien, dem Heimatland der Gruppe. Zusammen gehören 90 % der stimmberechtigten Aktien dem Baukonzern Odebrecht und der halbstaatlichen Ölgesellschaft Petrobras, auch die staatliche Entwicklungsbank BNDES ist beteiligt. Die Gruppe hat sich zum weltweiten Marktführer bei der Herstellung von so genannten Biokunststoffen entwickelt und dominiert den Markt mit ihrer I’m greenâ„¢ Polyethylen-Produktlinie.

Polyethylen-Biokunststoffe haben die gleichen Eigenschaften wie Kunststoffe auf Erdölbasis; der Unterschied liegt in ihrer Herkunft. Die CO2-Bilanzen sind also eindeutig: Nach Angaben von Braskem sind Biokunststoffe CO2-neutral oder sogar CO2-negativ. Durch den Anbau der Pflanzen soll der Atmosphäre mehr CO2 entzogen werden, als im Produktionsprozess entsteht.

Tatsächlich kann bisher nur ein Teil des Kunststoffs durch biobasierte Materialien ersetzt werden. Die vermeintlich grünen Plastikflaschen enthalten 30 % biobasierte Materialien – in der Praxis liegt der Anteil bei 15 %. Coca Cola ist bisher der bekannteste „Biokunststoff“-Anwender, zum Beispiel bei Vio Bio, einer biozertifizierten Produktlinie von Getränken des Konzerns. Vor kurzem wurde Lego ein neuer Kunde von Braskem. Lego-Steine werden zunehmend aus Biokunststoffen hergestellt. Bis 2030 soll die gesamte Produktion auf Biokunststoffe umgestellt werden.

Der Rohstoff für die Biokunststoffe von Braskem ist Zuckerrohr, das auch bei der Herstellung von Biokraftstoffen eine wichtige Rolle spielt. Daher reproduzieren Biokunststoffe alte Probleme: Fossiles Öl wird durch die Ausweitung der Landnutzung ersetzt. Laut der Propaganda von Braskem oder Coca Cola ist das kein Problem: Ohne jeden Beweis wird behauptet, dass die Expansion des Zuckerrohrs in Brasilien vor allem auf „verlassenem Weideland“ (1) stattfindet, und Coca Cola verkündet sogar, dass zusätzlicher Zuckerrohranbau vor allem auf „ungenutzten landwirtschaftlichen Flächen“ (2) stattfindet.

„Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit“ – so lauten die Leitlinien des Unternehmens in der Propaganda von Braskem. In der Praxis scheinen jedoch auch Geld und Korruption eine große Rolle zu spielen. Die Hauptaktionäre des Unternehmens, Odebrecht und Petrobras, sind gleichzeitig die Hauptakteure in dem Korruptionsskandal, der Brasilien seit mehreren Jahren erschüttert. Offenbar wurde die Existenz von Braskem zur Zahlung von Schwarzgeld genutzt. Im Jahr 2016 stimmte das Unternehmen einem Vergleich über die unglaubliche Summe von 3,1 Milliarden Reais zu, was etwa einer Milliarde US-Dollar entspricht. Braskem zeigt eine aufschlussreiche Verknüpfung von alter, erdölbasierter Industrie, Korruption und biobasierter Innovation als Erweiterung seines Geschäftsmodells (3).

Referenzen:
(1) Interview mit Marco Jansen, Braskem Europe
(2) http://www.plantbottle.info FAQ
(3) Brasilianische Berichterstattung (2016)

Lesen Sie weiter:
Biokunststoffe – Mythen und Fakten (Deutsche Umwelthilfe)
Verwirrung um Biokunststoffe (Riffreporter)

Dr. Thomas Fatheuer ist Sozialwissenschaftler und Mitarbeiter des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FDCL).

Die zwölf Diskussionsbeiträge der Umwelt- und Entwicklungsverbände für eine nachhaltige Bioökonomie gibt es hier als PDF zum Download.