Alle Artikel in: Zukunftslabore zusätzlicher Content

Die Zukunft gehört allen!

Die Zukunft gehört allen! Von Michael Gerhardt und Peter Gerhardt „Die Kultivierung der Abstiegsangst seit der Einführung der SGB II-Gesetze (Hartz 4)  hat viel Schaden an der Demokratie angerichtet.” Diese kluge Analyse stammt nicht etwa von einem renommierten Thinktank, sondern von der Initiative Armutsnetzwerk aus Berlin. Unsere Gesellschaft ist deshalb gut beraten, nicht nur der gerade sehr lauten Klimabewegung zuzuhören, wenn zentrale Zukunftsfragen öffentlich verhandelt werden… An vielen Stellen unserer Gesellschaft wird derzeit diskutiert, wie wir in Zukunft leben wollen und welchen Lebensstil unser Planet überhaupt noch zulässt. In vermeintlichen Fachkreisen heißt das dann die sozial-ökologische Transformation. Zahlreiche Parteien und Verbände organisieren dazu in schöner Regelmäßigkeit hochkarätig besetzte Konferenzen. Politische Profiteure davon sind vor allem Die Grünen, die in aktuellen Umfragen gar als Kanzlerpartei gehandelt werden. Schüler*innen protestieren als „Fridays For Future“-Bewegung lautstark in unseren Metropolen für mehr Klimaschutz und sorgen damit für zusätzlichen Dampf im Kessel. Alle diese Protagonisten sind gut organisiert, bestens vernetzt und sorgen derzeit in Medien und Öffentlichkeit für größtmögliche Aufmerksamkeit. Eine Bevölkerungsgruppe wird an dieser Zukunftsdiskussion kaum aktiv beteiligt: Menschen …

„Menschen mit Armutserfahrung als Experten der eigenen Situation anerkennen“

Zur Abschlussveranstaltung des Projekts „Zukunftslabore von unten“ unter dem Motto „Wie einkommensschwache Menschen sich selbst organisieren, selbst vertreten und so an der Gesellschaft teilhaben…“ konnte das denkhausbremen-Projektteam zahlreiche Vertreter*innen der am Projekt beteiligten Initiativen am Mittwoch, 08. Mai 2019, in Bremen begrüßen. Die Aktiven der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen, des Armutsnetzwerks sowie von ALSO Oldenburg diskutierten gemeinsam mit interessierten Bürger*innen und Bremer Politiker*innen den Themenbereich Partizipation und Engagement von Menschen mit geringem Einkommen. Nach einem Grußwort durch die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer, gab Projektleiter Michael Gerhardt in einem Impulsreferat einen Überblick über die Projektergebnisse und stellte die im Projektverlauf besuchten Initiativen vor. „Wichtig ist als erster Schritt eine veränderte Selbstwahrnehmung und öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit Armutserfahrung – als kompetente Akteure, und nicht als Betroffene oder Opfer“, betonte Michael Gerhardt. Dazu müsse ein niederschwelliger Zugang zu politischer Bildung für Menschen mit wenig Einkommen gewährleistet werden, damit eine Selbstermächtigung erfolgen könne. Darüber hinaus sei es notwendig, dass eine Initiative eine stabile Gruppe von Aktiven habe, die sich langfristig mit einem Kernthema beschäftige. Ferner sei dann …

Nikolas Migut: Die Öffentlichkeit wird empathisch, wenn sie sich angesprochen fühlt.

Nikolas Migut ist erster Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins StrassenBLUES e.V.. Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, Obdachlosen kreative Wege aus der Armut aufzuzeigen. Der Verein will in den gemeinsamen Begegnungen den gesellschaftlichen Status überwinden und sich mit Menschen auf der Straße auf Augenhöhe austauschen. denkhausbremen hat am 09. Januar 2019 dieses Interview mit Nikolas Migut in Hamburg geführt. [Das Beitragsfoto von Katharina Meßmann zeigt Nikolas Migut mit seiner Frau Milena Migut, die 2. Vorsitzende von StrassenBLUES e.V. ist.] denkhausbremen: Was war der Initialzündung zu Ihrem Engagement für obdachlose Menschen? Nikolas Migut: Ich habe als Journalist schon länger über Armut berichtet: Über Altersarmut zum Beispiel, da habe ich einen Film gemacht über Menschen um die 80, bei denen die Rente nicht reicht. Zunächst war das ein Bericht für das ARD-Magazin Panorama, anschließend wurde daraus noch ein Dokumentarfilm und ich war nun im Thema Armut richtig drin. Dann habe ich gemeinsam mit einem Kollegen dem NDR vorgeschlagen, einen Film über Obdachlosigkeit zu drehen. Das haben wir dann in der Obdachloseneinrichtung Bahnhofsmission am Zoo in Berlin auch realisiert. …

Leander Scholz: Die SPD braucht eine neue Vorstellung von Gemeinsinn.

Leander Scholz im Gespräch mit denkhausbremen über die Zukunft der SPD. Leander Scholz lebt als Schriftsteller und Philosoph in Berlin. denkhausbremen: In den 70er Jahren war die Hochzeit der Sozialdemokratie. Ein einfacher Arbeiter konnte sich einen Neuwagen erwirtschaften, das Bruttosozialprodukt stieg ständig und die Länder des globalen Südens wurden nur als Rohstofflieferanten wahrgenommen. Funktioniert Sozialdemokratie nur unter bestimmten Voraussetzungen? Leander Scholz: In den 70er Jahren gab es sicherlich bestimmte Faktoren, die eine ökonomische Inklusion breiter Bevölkerungsschichten leichter gemacht haben. Als Folge davon gab es eine Bildungsexpansion – auch Kinder aus Arbeiterfamilien konnten auf einmal studieren. Dieser Wohlstand basierte natürlich auch auf ausgeblendeten Faktoren. Das war eigentlich auch damals schon klar; der Bericht des Club Of Rome (“Die Grenzen des Wachstums“ von 1972) lag schon vor, und das ökologische Desaster hatte sich bereits abgezeichnet. Die Bedingungen zum Aufbau des damaligen Sozialstaates sind daher heute so nicht wiederholbar. Man muss den Gemeinsinn der 70er mit seiner breiten Inklusion für die heutige Zeit weiterentwickeln. Wie stellen Sie sich das vor? Die Hauptschwierigkeit ist heute, dass die Gesellschaft insgesamt viel …

Sprachlosigkeit zwischen den Milieus überwinden

Die Demokratien in den europäischen Industriestaaten stehen im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung vor zahlreichen Herausforderungen. Die Gesellschaft driftet von der materiellen Leistungskraft immer weiter auseinander. Es lassen sich zahlreiche Absetzbewegungen beobachten: Stadt versus Land, reich gegen arm, digital gegen analog. Wenige Superreiche erwirtschaften mit ihren Finanz- und Immobiliengeschäften immer größere Gewinne, wobei die Mittelschicht sich von finanziellem Abstieg bedroht sieht. Ein sogenannter “prekarisierter” Teil der Gesellschaft nimmt kaum noch an öffentlichen Prozessen teil und verharrt dauerhaft in niedrigen Lohnersatzleistungen und Mindestrenten. Auch stetiges Wirtschaftswachstum ändert daran für diesen Bevölkerungsteil nichts und trägt zu keiner Stabilisierung bei. Darüber hinaus wird immer unklarer, was lokale und nationale Politik überhaupt noch bewirken können. Auch in Deutschland zieht mit der AfD erstmals seit den 70er Jahren eine rechtspopulistische Partei in den Bundestag; gleichzeitig gibt es eine Kernschmelze bei den Volksparteien, worunter besonders die Sozialdemokratie leidet. Die Demokratie in Deutschland steht also vor immensen Herausforderungen: Auf allen Ebenen stellt sich die Frage, wie sieht es mit der Partizipation der Bevölkerung am politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess aus? Wie können gerade …