Alle Artikel in: degrowth

Steuertrick-Konzern und SUV-Freund zu Gast beim 30. Bremer Unternehmerforum

PRESSEMITTEILUNG: Das Donnerstag (23.11.17) im Bremer Parkhotel stattfindende 30. Unternehmerforum verpasst sicher die Chance, über wirklich relevante Zukunftsfragen zu diskutieren – das zeigt allein ein Blick auf die Referentenliste. Podiumsgäste sind u.a. Steuervermeider wie Microsoft oder der Cheflobbyist vom Autoverband VDA, die Konzernprofite über das Allgemeinwohl stellen. Das kritisiert die Organisation denkhausbremen, die gemeinsam mit den großen Umweltverbänden die sozial-ökologische Transformation diskutiert. Am liebsten reden Techkonzerne wie Microsoft über wolkige Themen wie Digitale Transformation, Web 4.0 oder kommunizierende Kaffeemaschinen. Von Microsoft können die Bremer UnternehmerInnen aber vor allem lernen, wie man sich trotz Milliardengewinne erfolgreich arm rechnet und in der Hitliste der Steuervermeider einen Spitzenplatz einnimmt. Über 100 Mrd. soll der Softwareriese vor dem Zugriff der Allgemeinheit in sogenannten Steueroasen geparkt haben. Podiumsgast Matthias Wissmann und seinem VDA (Verband der Automobilindustrie) ist es zu verdanken, dass ein Spritfresser wie der Porsche Cayenne das gleiche EU-Ökolabel tragen darf wie der Kleinwagen Renault Twingo. Wie es dazu kommen konnte? Der VDA soll nach Recherchen der Organisation Lobbycontrol den Politikern den Verordnungstext mehr oder weniger direkt diktiert haben. …

Harald Welzer: Wen interessiert denn der rechte Rand?

denkhausbremen: Was halten Sie vom Paradigma des stetigen Wachstums? Harald Welzer: Nichts. Unsere Probleme, die jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts überdeutlich werden, bestehen im Wesentlichen in der Übernutzung der vorhandenen Ressourcen infolge eines fortgesetzten Wirtschaftswachstums. Das geht auf die expansive Kultur eines kleinen Teils der Welt zurück. Wir sind in einer globalen Situation, die dem Wachstumspfad folgt – und die Folgen sind erwartbar dramatisch. Welche Maßnahmen sollten konkret implementiert werden, um der von Ihnen geschilderten Entwicklung Rechnung zu tragen? Implementieren wird man das nicht können. Es geht um einen politischen und kulturellen Wandel – da kann man jetzt nicht einfach Maßnahmen aus dem Hut zaubern. Wir benötigen dringend politische Rahmenbedingungen, die nachhaltiges Wirtschaften fördern. Es muss aufhören, immer noch mehr Konsumartikel an den Mann und an die Frau zu bringen und weitere Infrastrukturen bereitzustellen sowie höhere Energieaufwände zu produzieren. Nachhaltig wirtschaftende Unternehmen müssten von staatlicher Seite Vorteile genießen. Konkret benötigen wir eine steuer- und ordnungspolitische Neuausrichtung sowie eine nachhaltige öffentliche Beschaffung. Für mich gibt es z.B. keine Rechtfertigung, warum die Automobilindustrie ein Tempolimit auf …

Weniger Wachstum – Mehr Gerechtigkeit

Wer hätte das gedacht? Dass die großen deutschen Umweltverbände eine Abkehr vom Wachstumsdenken fordern, ist vielleicht nicht wirklich überraschend. Dass sie gleichzeitig unisono auch für mehr soziale Gerechtigkeit eintreten, lässt allerdings aufhorchen. Genau das ist jedoch die durchaus überraschende Quintessenz der Interviewreihe, die denkhausbremen mit aktiven und ehemaligen Führungskräften von sechs Umweltverbänden geführt hat. Darin äußern sich die Umweltfachleute auch über ihr ambivalentes Verhältnis zur Industrie, blicken zurück auf Erfolge und Misserfolge der bundesdeutschen Umweltbewegung und schildern ihre Ideen für die Zukunft. Sackgasse Wachstum Bei dieser Diagnose sind sich die Befragten einig: Das Märchen vom Wirtschaftswachstum ist auserzählt. Eine auf permanentes Wachstum programmierte Wirtschaft erschöpft auf Dauer unseren Planeten. Zu dumm nur, dass die Menschheit genau in dieser Richtung unterwegs ist. Und mittendrin befinden sich die Umweltverbände mitsamt Spender/innen und Unterstützer/innen. Folgerichtig fordern die befragten Fachleute von BUND, Greenpeace, NABU, WWF und Co. einen mehr oder weniger radikalen Kurswechsel. Aber wie soll das gehen? Die aktuelle Postwachstums-Diskussion kann darauf möglicherweise eine Antwort geben. Aus diesem Grund beobachten etablierte Verbände wie der WWF die wachstumskritische Debatte …

Interviewreihe mit Umweltverbänden: Mehr Gerechtigkeit – Weniger Wachstum

Die großen deutschen Umweltverbände sind sich einig, dass ohne soziale Gerechtigkeit ein ökologischer Wandel nicht zu haben ist. Das ist die überraschende Quintessenz der heute veröffentlichten Interviewreihe, die von der Organisation denkhausbremen mit aktiven und ehemaligen Führungskräften der Umweltverbände geführt wurde. Befragt wurden Fachleute von BUND, Deutscher Naturschutzring, Greenpeace, NABU, NaturFreunde und WWF. Die Interviewten fordern darüber hinaus eine Abkehr vom Wachstumsdenken – bis hin zu dem Appell, eine Art neue APO zu bilden. Die denkhausbremen Interviewreihe mit dem Titel “Wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft besser gestalten” beleuchtet den Einfluss der wachstumskritischen Debatte auf die Umweltverbände. “Es ist bemerkenswert, dass sogar etablierte Naturschutzverbände, deren Wurzeln ins bürgerliche Milieus hineinreichen, das allgegenwärtige Wachstumsparadigma in Frage stellen”, erläutert denkhausbremen-Geschäftsführer Peter Gerhardt. Soziale Gerechtigkeit ist für die großen deutschen Umweltverbände zentral. „Wenn wir nicht zusehen, dass sich auch Menschen mit niedrigeren Einkommen ein gutes Leben leisten können, dann werden wir am Ende nicht erfolgreich sein“, erklärt NABU-Präsident Olaf Tschimpke in diesem Zusammenhang. Auch politische Projekte wie der Kohleausstieg sollten, so Tschimpke, sozialverträglich gestaltet werden. Die befragten …

degrowth: eine Fotoserie von Eva-Maria Lopez

Die Künstlerin Eva-Maria Lopez hat in Kooperation mit denkhausbremen die Fotoserie degrowth initiiert um ein breiteres Publikum in diese relevante Zukunftsdiskussion einzubinden: Fragen zu Wachstum, Glück, Mobilität werden in eine Bildsprache übersetzt. Was bedeutet Degrowth für Individuum und Gesellschaft? Das Projekt erzeugt hier Synergien aus Kunst und Wissenschaft, lotet Schnittmengen aus, macht Zielkonflikte fühlbar und beleuchtet Aspekte aus neuen Blickwinkeln. Die Künstlerin zeigt auf, dass die abstrakte Diskussion über Degrowth ganz konkret vor die eigene Haustür führt. Die Biodiversität bleibt auf der Strecke – kahle, versteinerte Vorgärten und naturidentische Textilbänder an den Zäunen sprechen ihre eigene sterile Sprache… Eva-Maria Lopez gliedert Ihre Arbeit in die Serien Pages und Konsum & Ressourcen: Pages zeigt Börsennotierungen in internationalen Zeitungen und Werbung überlagert im Gegenlicht fotografiert. Konsum & Ressourcen nimmt die Betrachter mit in die inverse Shoppingmall einer Wertstoffsammelstelle. Alles was in der Fußgängerzone oder in Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu finden ist – wie Kleinhaushaltsgeräte, das Küchenstudio mit Kühlschränken und Backofen, einen Minicontainer für Handys – gibt’s hier kompakt auf ein paar Quadratmeter. An allen drei …

Norbert Reuter: Es geht nicht nur um höhere Einkommen

Norbert Reuter im Gespräch mit denkhausbremen über das Verhältnis der Gewerkschaften zur Wachstumskritik, die Notwendigkeit von Arbeitszeitverkürzungen und was er sich von den Umweltverbänden wünschen würde. Er arbeitet im Bundesvorstand von ver.di und ist dort Leiter der Grundsatzabteilung Tarifpolitik. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Norbert Reuter kritisch mit Wachstumsfragen und der Entwicklung von Industriegesellschaften. Von 2011 bis 2013 war er sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages.  

Helmut Holzapfel: Neue Mobilität – Mit weniger mehr erreichen

Helmut Holzapfel ist Stadtplaner, Bauingenieur und Verkehrswissenschaftler. Seine Schwerpunkte sind integrierte Verkehrsplanung sowie Mobilitätsentwicklung. Er leitet das Zentrum für Mobilitätskultur in Kassel. Zuvor war er u.a. Professor für Verkehrsplanung in Kassel. denkhausbremen: Sie haben sich als Wissenschaftler mit den Themen Mobilität und Verkehrsplanung auseinandergesetzt. Was ist Ihre Vision für die Mobilität der Zukunft? Helmut Holzapfel: Wir müssen eine andere Mobilitätskultur entwickeln, die wir gerade in den urbanen Zentren gut umsetzen können. Mobilität bedeutet ja nicht ,,weit herum zu fahren“, sondern dass wir räumliche Ziele erreichen wollen. Das Konzept einer „Stadt der kurzen Wege“ setzt das planerisch gut um. Eine neue Mobilitätskultur bringt ein anderes Verhalten mit sich – also zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein statt mit dem Auto. In Städten wie Amsterdam ist das schon heute gut möglich. Der öffentliche Raum bekommt dort sofort wieder einen höheren Stellenwert, mit vielen positiven Auswirkungen. Auf der anderen Seite wird der motorisierte Verkehr natürlich abgewertet. Meine Vision wäre es, in einer Stadt der kurzen Wege den Autoverkehr auf maximal die Hälfte zu verringern und gleichzeitig …

Christoph Heinrich: Strategisch wichtige Unternehmen transformieren

Christoph Heinrich ist als Vorstand des WWF Deutschland zuständig für die Naturschutzarbeit. Zuvor leitete er beim NABU Bundesverband bis 2004 den Fachbereich Naturschutz und Umweltpolitik. Der Diplom-Geograph ist seit seiner Jugend ehrenamtlich im Naturschutz tätig und Mitglied zahlreicher Naturschutzorganisationen. denkhausbremen: Wie sind Sie zum Naturschutz gekommen? Christoph Heinrich: Ich bin im Grunde genommen seit meiner Kindheit im Naturschutz aktiv. Schon im Alter von zehn Jahren bin ich in den NABU eingetreten, bin dann immer dabei geblieben und hab das zu meinem Beruf gemacht. Wie haben Sie die 1970er Jahre erlebt? Der Club of Rome brachte die Studie “Grenzen des Wachstums” heraus. War das in der damaligen Naturschutzszene ein Thema? Absolut! Aber beim damaligen Vorgänger des NABU, dem deutschen Bund für Vogelschutz, gab es auch Irritationen. Aus Sicht der Naturschützer gab es jetzt eine Bewegung, die aus Umweltschutz was Politisches machen wollte. Viele traditionelle Naturschützer wollten sich jedoch aus der Politik lieber raushalten. Gleichwohl war das Thema interessant, neu und aufregend. Man konnte Avantgarde sein, wenn man über Naturschutz und Ökosysteme sprach. Zusätzlich sorgte der Ölschock …

Olaf Tschimpke: Planetarische Grenzen sind entscheidend

Olaf Tschimpke im Gespräch mit Denkhaus Bremen. Er ist Geograph und seit Juni 2003 Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Darüber hinaus ist er stellvertretender Vorsitzender des Rates für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung. Denkhaus Bremen: Sie führen den NABU seit 2003 als Präsident und sind schon seit Jahrzehnten bei diesem Umweltverband aktiv. Lassen Sie uns mit einem Rückblick beginnen. Bereits 1972 veröffentlichte der Club of Rome seinen Bericht „Grenzen des Wachstums“. Wurde dieses Thema damals auch im NABU diskutiert? Olaf Tschimpke: 1972 war ich selbst noch nicht hauptamtlich für den NABU tätig. Im Ehrenamt hat das zu der Zeit keine Rolle gespielt, außer im privaten Umfeld derjenigen, die sich dafür interessiert haben. Der NABU hieß noch Deutscher Bund für Vogelschutz und die breitere Themenaufstellung ist erst später erfolgt. Diese geschah unter dem Einfluss der wachsenden Natur- und Umweltschutzbewegung und der allgemeinen gesellschaftlichen Debatte, die von den „Grenzen des Wachstums“ mit angestoßen wurde. Es hat bei uns dann noch eine ganze Weile gebraucht, sich als klassischer Naturschutzverband auch für umwelt- und gesellschaftspolitische Fragen zu öffnen. In der …

Niko Paech: An Postwachstum führt kein Weg vorbei

Niko Paech im Gespräch mit Denkhaus Bremen über Postwachtumsökonomie und wie sich die Umweltverbände für die Zukunft aufstellen sollten. Er war bis 2016 Professor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt der Universität Oldenburg. Seit 2016 lehrt er im Rahmen des Masterstudiengangs Plurale Ökonomik an der Universität Siegen. Niko Paech hat ab 2016 das Konzept der Postwachstumsökonomie in die Diskussion eingeführt. Er skizziert darin ein Wirtschaftssystem, das nicht auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist, sondern sich durch Wachstumsrücknahme auszeichnet.