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Melanie Bergmann (AWI): Wir atmen Plastik.

Dr. Melanie Bergmann arbeitet als Meeresbiologin für das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist die Belastung der Meere mit Plastikmüll. (Foto: Ana Rodríguez) denkhausbremen: Die Probleme mit Mikroplastik und Plastikmüll im Meer sind neben der Klimakrise eine weitere dramatische Folge aus der Nutzung fossiler Rohstoffe. Sie forschen seit Jahren zu diesen Themen – wie ist Ihr Blick darauf? Melanie Bergmann: Wir haben vor Kurzem mit dem Forschungsschiff „Sonne“ den Pazifik durchquert, von Vancouver bis nach Singapur – und wir haben sehr viel Müll gesehen. Anders als manche Medienberichte suggerieren, gibt es dort keinen Müllteppich, auf dem man laufen könnte. Aber wenn innerhalb einer Stunde 300 Teile Plastikmüll am Schiff vorbeischwimmen – und das in der Mitte des Ozeans fernab menschlicher Siedlungen – dann ist das schon eindrucksvoll. In der Datenbank Litterbase bringen wir die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zusammen. So bekommen wir einen Überblick, wo überall schon Plastikmüll gesichtet wurde und welche Tiere besonders davon betroffen sind. Was würden Sie sagen, wie ernst ist das Problem? Das Problem ist …

Barbara Hendricks: Umweltverbände starren zu stark auf eine hohen CO2-Preis

Barbara Hendricks im Gespräch mit denkhausbremen. Die ehemalige Bundesumweltminsterin und SPD-Bundestagsabgeordnete erläutert die Versäumnisse der SPD in der Klimapolitik, spricht über soziale Gerechtigkeit beim Klimaschutz und den Einsatz von Biomasse bei der Energieerzeugung. Foto: © Deutscher Bundestag/ Inga Haar. denkhausbremen: Hat der Klima-Zeitgeist die SPD kalt erwischt? Was ist Ihre Analyse? Barbara Hendricks: Ja, das ist bedauerlicherweise so. In meiner Amtszeit als Bundesumweltministerin habe ich durchaus Unterstützung von den Fachpolitiker*innen gehabt, aber keinen ausreichenden Rückenwind aus meiner Partei. Das ist ein klares Versäumnis der SPD, das hätten wir ein paar Jahre früher deutlich machen können. Wenn ich das mal für mich in Anspruch nehme, war ich ja durchaus das Gesicht für den Klimaschutz nach dem Pariser Klimaabkommen. Das hat sich die SPD aber nicht zunutze gemacht – auch in den Folgejahren 2016 bis 2018. Wie bewerten Sie das aktuelle Klimaschutzpaket der Groko?  Ich war am Anfang sehr skeptisch, habe mir das alles aber nochmals in Ruhe angesehen. Natürlich hätte man mit einem höheren Einstiegspreis bei CO2 anfangen können, dann hätten aber auch die Entlastungen anders sein …

Wege ins post-fossile Zeitalter

Die deutsche Bundesregierung plant derzeit eine neue Nationale Bioökonomiestrategie. Mit der sogenannten Bioökonomie soll die erdölbasierte Wirtschaft auf biologische, nachwachsende Rohstoffe umgestellt werden. Ziel ist, die Klimakrise ebenso zu bekämpfen wie die Vermüllung der Meere und die Verbreitung von Mikroplastik, die sich alle aus der Nutzung fossiler Rohstoffe ergeben. Das klingt vernünftig. Zwar hat das fossile Zeitalter sehr vielen Menschen einen historisch beispiellosen materiellen Wohlstand gebracht. Doch angesichts der Bedrohung durch den Klimawandel und der Verbreitung von kleinsten Kunststoffpartikeln bis in die entlegensten Naturgebiete der Erde lässt sich kaum bestreiten, dass es nur sinnvoll wäre, wenn wir diese Zeit hinter uns lassen. Aber was hat die Bioökonomie zu bieten? Biomasse aus Land- und Forstwirtschaft soll an die Stelle von Kohle, Öl und Gas treten und als neuer Grundstoff für die Industrie dienen. Nun ist unser heutiger Verbrauch von Rohstoffen gigantisch. Unvorstellbare 11 Milliarden Tonnen fossile Ressourcen werden jedes Jahr weltweit gefördert [1]. Gleichzeitig werden schon jetzt über 11 Milliarden Tonnen Biomasse genutzt, als Futtermittel (58 %), Lebensmittel (14 %), für Bioenergie (17 %) oder als …

Stellungnahme zum Entwurf einer Nationalen Bioökonomiestrategie

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für eine Nationale Bioökonomiestrategie zur Kommentierung bereitgestellt. Nachfolgend im Wortlaut die Stellungnahme der unterzeichnenden Umwelt und Entwicklungsverbände oder downloaden Sie das Dokument im Orginal als pdf. Die unterzeichnenden Organisationen bedanken sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme in Bezug auf den Entwurf für eine Nationale Bioökonomiestrategie. Der dazu von den federführenden Ministerien (BMBF, BMEL) eingeräumte zweiwöchige Zeitraum innerhalb der Sommerferienzeit ist allerdings in keiner Weise akzeptabel und daher ungeeignet, um solch ein grundsätzliches und umfangreiches Dokument mit der gebotenen Sorgfalt und Detailtiefe zu kommentieren. Deshalb behalten wir uns vor, im weiteren Beratung- sprozess neue Aspekte und vertiefende Argumentationen einzubringen. Dieser Prozess wird ansonsten der Forderung nach einer ausreichenden und frühzeitigen Partizipation der Zivilgesellschaft nicht gerecht und steht im Widerspruch zu den im Entwurf in Aussicht gestellten “transparenten Dialog- und Partizipationsprozessen” Wir begrüßen zwar ausdrücklich, dass die Bundesregierung in ihrem Entwurf punktuell zentrale Gedanken der Nachhaltigkeitsdebatte aufgegriffen hat. Das Papier mahnt Biodiversitäts- und Klimaschutz, Bodenfruchtbarkeit und Verteilungsgerechtigkeit an und erwähnt darüber hinaus die Bedeutung von Suffizienz und eine mögliche “Umstellung des Wirtschaftssystems”. …

Die Zukunft gehört allen!

Die Zukunft gehört allen! Von Michael Gerhardt und Peter Gerhardt „Die Kultivierung der Abstiegsangst seit der Einführung der SGB II-Gesetze (Hartz 4)  hat viel Schaden an der Demokratie angerichtet.” Diese kluge Analyse stammt nicht etwa von einem renommierten Thinktank, sondern von der Initiative Armutsnetzwerk aus Berlin. Unsere Gesellschaft ist deshalb gut beraten, nicht nur der gerade sehr lauten Klimabewegung zuzuhören, wenn zentrale Zukunftsfragen öffentlich verhandelt werden… An vielen Stellen unserer Gesellschaft wird derzeit diskutiert, wie wir in Zukunft leben wollen und welchen Lebensstil unser Planet überhaupt noch zulässt. In vermeintlichen Fachkreisen heißt das dann die sozial-ökologische Transformation. Zahlreiche Parteien und Verbände organisieren dazu in schöner Regelmäßigkeit hochkarätig besetzte Konferenzen. Politische Profiteure davon sind vor allem Die Grünen, die in aktuellen Umfragen gar als Kanzlerpartei gehandelt werden. Schüler*innen protestieren als „Fridays For Future“-Bewegung lautstark in unseren Metropolen für mehr Klimaschutz und sorgen damit für zusätzlichen Dampf im Kessel. Alle diese Protagonisten sind gut organisiert, bestens vernetzt und sorgen derzeit in Medien und Öffentlichkeit für größtmögliche Aufmerksamkeit. Eine Bevölkerungsgruppe wird an dieser Zukunftsdiskussion kaum aktiv beteiligt: Menschen …

Forderungen für ein post-fossiles Bremen

Gemeinsam mit einer Reihe zivilgesellschaftlicher Organisationen haben wir einen Forderungskatalog für ambitionierten Klimaschutz in Bremen und eine Abkehr von fossilen Energien erarbeitet. Das Papier, das sich an die neue Landesregierung von SPD, Grünen und Linken richtet, haben wir SpitzenvertreterInnen der Parteien am 21. Juni überreicht. An diesem Tag standen die Themen Klima und Umwelt auf der Agenda der Koalitionsverhandlungen. Presseberichte zu den Forderungen finden Sie hier und hier.  

Gastbeitrag im Weserkurier über erfolgreiche Klimapolitik

Langfristig erfolgreiche Klimapolitik geht nur gerecht Gastkommentar im Weserkurier über Klimapolitik von Peter Gerhardt,  31.05.2019 Fossile Energie muss teurer werden und Billigflieger sollen nicht mehr starten – Klimapolitik über den Geldbeutel, bei der die soziale Frage ausgeblendet wird, ist schädlich, warnt Gastautor Peter Gerhardt. Ungerechte Klimapolitik hat die Kraft, unsere Gesellschaft weiter zu spalten. Richtig gemacht, kann sie aber auch der Leitfaden für eine neue Gemeinschaftlichkeit sein. Damit wir beim Klimaschutz mit breiter Akzeptanz vorankommen, wäre es jetzt wichtig, die Diskussion nicht auf eine CO2-Steuer zu verengen. Ein Blick über den klimapolitischen Tellerrand machte schnell deutlich, dass es noch weitere bedeutende Baustellen gibt: ungebremstes Artensterben, Rohstoffknappheit und vor allem eine soziale Schere, die sich weiter dramatisch öffnet. Klimapolitik muss auch diese Probleme adressieren, wenn sie nachhaltig erfolgreich sein will. Leider ist das gerade nicht der Fall. Vor allem Klimapolitik über den Geldbeutel, bei der die soziale Frage ausgeblendet wird, geistert als laute Forderung durch die aktuellen politischen Debatten. Das klingt dann zum Beispiel so: Fossile Energie muss teurer werden und Billigflieger sollen nicht mehr starten. …

Nachhaltiges Palmöl – Chance für den Wald oder Greenwashing für Konzerne? 

Titelbild von Safrudin Mahendra, Save Our Borneo, Mai 2019: Landraub und illegale Abholzung beim Dorf Kinipan, Zentralkalimantan (Insel Borneo). Nachdem Borneos Tieflandregenwald fast vollständig vernichtet ist, dringt die Palmölindustrie jetzt in die Berge vor  Ein Beitrag von Marianne Klute Indonesien hat noch große ausgedehnte Regenwälder mit zahlreichen Arten. Im Westen die asiatische Flora und Fauna, mit z.B. den gefährdeten Großsäugern Orang-Utan, Sumatra-Elefant, Sumatra-Nashorn und Tiger. Im Osten die austronesische Flora und Fauna mit Beuteltieren wie dem Baumkänguru, dem Paradiesvogel oder dem Anoa von Sulawesi. Diese Wälder sind für uns alle, das Klima, die Biodiversität und das Verständnis von Evolution, von höchster Bedeutung. Für die Zukunft des Lebens ist der Erhalt und der Schutz der Wälder Indonesiens dringlich. Indonesien es ist der größte Palmölproduzent. Zusammen mit Malaysia deckt das Land fast 90% des globalen Verbrauchs.  Die massive Expansion der Ölpalm-Anbauflächen ist ein Phänomen der letzten Dekaden. Hatte Indonesien 1985 etwa 0,6 Mio Hektar Ölpalmplantagen, so waren es 20 Jahre später (2006) schon 5,6 Mio Hektar – hauptsächlich für die Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrien. Entwaldung, Landraub und Menschenrechtsverletzungen waren auch …

Bioökonomie-Frühstück im Deutschen Bundestag

Mitte Mai veranstaltete das Aktionsforum Bioökonomie ein parlamentarisches Frühstück mit Bundestagsabgeordneten, deren MitarbeiterInnen sowie VertreterInnen von Umwelt- und Entwicklungsverbänden im Deutschen Bundestag. Ziel war ein offener Austausch über die möglichen Chancen und Risiken der Bioökonomie. Die VerbändevertreterInnen stellten dabei eine Reihe von Problemen heraus, die sie in der aktuellen Bioökonomie-Politik ausmachten – das fehlende Adressieren des hohen Ressourcenverbrauches und die Förderung der Neuen Gentechnik ebenso wie die mangelhaften Beteiligungsmöglichkeiten von Zivilgesellschaft und BürgerInnen an der Diskussion. Auch auf den einseitigen Fokus der Bioökonomie-Politik auf technologische Lösungen statt auf gesellschaftliche Fragen wiesen sie hin. Auf der anderen Seite wurden die Potenziale der Bioökonomie, etwa für den Erhalt einer vielfältigen Landwirtschaft und die Entwicklung biobasierter Verpackungen, hervorgehoben und bemerkt, dass die Diskussion um Bioökonomie inzwischen auch in den Bundestagsfraktionen angekommen sei. Mehrfach wurde der Wunsch geäußert, bei diesem Thema stärker fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten. Im Anschluss entspann sich eine teils kontroverse Diskussion über konkrete Aspekte der Bioökonomie. Auf der einen Seite wurde die Notwendigkeit der Markteinführung neuer biobasierter Produkte hervorgehoben, andererseits auf die Grenzen der Effizienzsteigerung und der Substitution …